Wie geht es dir?

„Gut“, welch ein verlogenes Wort

Und doch benutze ich es zu jeder Zeit an jedem Ort

Ist ja klar, denn sonst müsste ich sagen:

„Schlecht, denn ich kann diesen Scheiß nicht mehr ertragen!“

„Wie geht es dir?“, immer wieder die gleiche Frage

Erwartest du wirklich, dass ich dir die Wahrheit sage?

Sie hat in uns’rer heilen Welt doch nichts verloren

Wir werden hier ja alle nur zum Glücklich-Sein geboren

Denn die Menschen mit sichtbaren Problemen sind ja schon längst in der Kälte erfroren

„Wie geht es dir?“ — „Mir geht es gut.“

Und in Gedanken: „Ich schwimme halt in einem Meer aus Blut.“

Aber man darf die Probleme ja nicht beim Namen nennen

Selbst wenn sie alle kennen

Also stellt mir doch bitte eine and’re Frage

Zum Beispiel wann ich zuletzt ein Katzenvideo im Internet gesehen habe

Damit ihr auch mal wisst, wie ich diesen ganzen Scheiß ertrage

Würdest du?

Würdest du mir ein Lächeln schenken, wenn ich sorglos lachen würde?

Würdest du mich bei dir behalten, wäre ich nur keine so große Bürde?

Würdest du meine Hand nehmen, wäre mein Griff nur nicht so fest?

Würdest du mich brauchen, wenn ich nicht so anders wäre als der Rest?

Würdest du mit mir lachen, wenn ich Katzenvideos lustiger fände als schwarzen Humor?

Würdest du bei mir bleiben, kämen weniger seltsame Ereignisse vor?

Würdest du mir zuhören, würde ich seltener meinen Dämon erwähnen?

Würdest du mich ansehen, wenn da öfter mein Lächeln wäre als meine Tränen?

Würdest du, würdest du, würdest du, diese Frage klingt so gehetzt

Deswegen frage ich dich dich lieber: Tust du es jetzt?

Warten

„19:30 Uhr“, lese ich und stecke mein Handy wieder ein

Vor einer halben Stunde wolltest du eigentlich schon bei mir sein

Bist du verletzt, weil mal wieder ein Besoffener die Kontrolle verliert?

Ist dir etwas anderes Schlimmes passiert?

Stellt ein Unfall ein Hindernis auf deiner Strecke dar?

Oder bist du selbst Teil dieser Gefahr?

Bist du gerade mit einer Infusion verbunden?

Oder hast du den Weg nur nicht gefunden?

Ja, das wird es sein, es gibt bestimmt kein Blut

Dein Orientierungssinn war ja noch nie sonderlich gut

„8:30 Uhr“, lese ich und stecke mein Handy wieder ein

Verfahren? Das kann doch gar nicht sein

Du hast ein Handy in der Tasche deiner Hose

Und jeder Fremde verrät dir den Weg gegen eine Rose

Was ist nur los, was hab ich getan?

Hast du dich absichtlich verfahr’n?

Habe ich einen großen Fehler gemacht?

Hast du über den letzten Witz gar nicht gelacht?

Was auch immer es war, warum kannst du es mir nicht einfach sagen?

Soll ich diese Scheiße jetzt einfach mal ertragen?

„20:30 Uhr“, lese ich und stecke mein Handy wieder ein

Einfach nicht kommen: Wie kann man nur so ein Arschloch sein?

Ist das deine Rache für irgendein schlimmes Wort?

Dann wünsche ich dich an einen noch viel schlimmeren Ort!

Ich Vollidiot stehe hier und warte auf dich

Und trotzdem zerstörst du mich

Komm doch einfach von deinem pinken Thron herunter

Dann beendest du diesen Tag froh und munter

Sonst wird mein Herz für dich zu Stein

Und diese Scheiße muss echt nicht sein

„10:30 Uhr“, lese ich und tippe meine Nachricht ein

„Es tut mir leid, war ich gemein!“

Bald ein „online“ und dann ein „schreibt…“ 

Was aber nicht lange bleibt

Gib mir doch eine Antwort gegen meinen Schmerz

Denn es zerreißt mir das ganze Herz

Aber wahrscheinlich tust du all das aus einem Grund

Ich wünschte nur, es käme aus deinem Mund

Dann werde ich es wohl oder übel akzeptieren

Aber ich kann dich nicht verlieren

„19:00 Uhr“, lese ich, doch kann diese Zahl kaum noch versteh’n

Musst du mir ein Messer in die Brust rammen, um das Herz darin zu seh’n?

Alles und jeder ändert sich

Und ich warte immer noch auf dich

Aber ich kann nicht länger stehen bleiben

Weil mich Ehrgeiz und Angst ungestört nach vorne treiben

exile

ich sehe dich dort
lachen, ohne dass es deine augen erreicht
ich stehe hier im schatten
und lass dich sein
wen soll ich jetzt verteidigen
wenn du mich doch verraten hast
die kälte begrüßt mich
und ich gehe mit ihr
denn ich habe diesen film schon mal gesehen
und ich hab das ende nicht gemocht
streu salz in die wunden
so viel wie möglich
damit ich guten gewissens gehen kann
denn der schmerz überwiegt
hände auf deinem körper
es sind nicht meine
jetzt komm schon raus
die linie zwischen liebe und hass
ist schon immer dünn gewesen
und deine gedanken konnte ich nie lesen
also stell dich deinen ängsten
und komm zu mir ein letztes mal
ich bin der schatten
dem du rechenschaft schuldig bist
hab dir so viele zeichen gegeben
die du nie gesehen hast
also bleib ich allein
dieses mal sicher
bis sich die graue wand öffnet
und ich fliehen kann
Inspiriert vom Song „exile“ von Taylor Swift ft. Bon Iver, entstanden August 2020

la ville rose

réveiller et regarder un lever de soleil
il est encore tôt
nous allons à la centre-ville
on commande un café
et regarde les gens
lentement les maisons rouges sont baignées de lumière
nous ne sommes pas loin de la grande place devant la mairie
mais nous voulons découvrir les petites ruelles
et trouver les magasins que personne ne connaît
l'odeur des fleurs et toutes les violettes
seulement quelques personnes ici, pas trop
tellement parfait
on s'assied devant la fontaine
et regarde la ville rose
Text über die südfranzösische Stadt Toulouse, entstanden Juli 2020

Black Lives Matter

SPEECHLESS
speechless was I when I saw,
saw what had happend

NO WORDS
no words for the pain one had to feel,
many had to feel

I can't breathe.

WE can't breathe,
can't brethe anymore,
cause there's hatred, fear and injustice kneeling on our necks,
pushing us down,
destroying lives, peace, and love
and then there's no more air
and we can't breathe

EVERYONE
everyone can see,
can hear, can feel
and there's no denying that there must be change

I have a dream,
I have a dream that we stand together, unite hands,
I have a dream that we treat each other as equals,
raise our voices and  break those boundaries
I have a dream,
as one had 57 years ago,
and it still hasn't happend

Let's make it happen,
Let's make it better,
because
BLACK LIVES MATTER

ungebändigte Wut

Ein einziges Video
ändert die Welt
ein einziger Moment
und die Welt fängt an sich zu drehen

Kein Einzelfall
ein ganzes Leben bestimmt
von den Handlungen anderer 
zu oft

Ein einziges Video
unzählige Leben
das Fass läuft über
die Welt stoppt

Du und ich
Unterschiede die uns verbinden
und nicht auseinanderreißen
zusammen

Fremdbestimmt
zu leben
ein Albtraum
ein Alltag vieler

Kein Einzelfall
zu viele Fälle
zu viele Kommentare
zu viele Tote

Wir wissen es
wir tun nichts
es muss sich ändern
Menschen leiden

Menschen wie wir
keine Unterschiede
für die wir uns hassen müssen
zusammen
Gedanken zur #blacklivesmatter-Bewegung, entstanden Juni 2020

Definition eines Gedichts

Was ist ein Gedicht?
Vers hinter Vers
eine Zeile nach der Nächsten
Wörter die im Kopf herumwirbeln
alles verknoten
ein roter Faden, der alles miteinander verstrickt
ein Mittel zur Kommunikation
mit sich selbst
ein Frühjahrsputz für die dunkle Ecke in meinem Hirn
ein Gefühl hier, ein Gefühl da
fang sie ein und verwandle sie
in Worte, Sätze, Ausdrücke
in Farbkleckse und schmier sie auf ne Leinwand
so wies mir grade lieb ist
ein Hilferuf, ein Angstschrei
ein Feuerwerk, ein Funkensprühen
schwarz auf weiß
und doch so knallbunt
wunderschön wie mein Gedanke
den ich gar nicht zu Ende denken konnte
weil ich in Ideen versinke
ein Ventil für alles was zu viel ist
und alles was noch kommt
schreibs schnell auf sonst vergisst dus noch
rauf aufs Papier
schön verpackt mit Schleife obendrauf
und fertig
Gedanken übers Schreiben, Text entstanden August 2020